2. Klausur
Nach der Rückkehr nach Deutschland begeben wir uns in eine zweiwöchige Klausur an einen Wohn- und Arbeitsort in ländlicher Umgebung. Nun beginnt das tägliche Schauspiel-Basistraining. Mittels verschiedener Improvisations- und Imaginationstechniken aus der Schauspielmethodik betreiben wir eine aktive Analyse des Erlebten. Hierbei versuchen wir, die verschiedenen Standpunkte und Perspektiven zu erschließen und zu verkörpern. In dieser intensiven Arbeitsphase entwickelt jeder Teilnehmer eine eigene Bühnenfigur. Anschließend erarbeiten wir uns ein Skript für ein eigenes Theaterstück. Das Erlebte wird hierbei in eine dramatische Bühnenhandlung transfomiert. Die handelnden Charaktere sind die gemeinsam entwickelten Bühnenfiguren der Teilnehmer, die diese auch verkörpern. Die Mittel des Theaters: Verbildlichung – zeitliche und räumliche Verdichtung – Metaphern und Sinnbilder – Zuspitzung – Dynamik helfen uns, wesentliche, dem Krieg zugrundeliegende Mechanismen darzustellen und deren Sinnlosigkeit aufzuzeigen. Wir suchen nach besonderen historischen oder fiktiven Einzelschicksalen, denen es gelungen ist, die Spirale der Gewalt vielleicht nur für einen Moment zu durchbrechen.
In der praktischen Umsetzung des Theaterprojekts haben Gleichberechtigung und Vielfalt einen sehr hohen Stellenwert. Um gemeinsam ein Stück zu entwickeln,erarbeiten wir uns eine besondere Form des künstlerischen Gesprächs. Jeder Teilnehmer ist in diesem Moment gleichberechtigt und trägt seine kreativen Impulse zum Gesamtprozess bei. Das funktioniert nur, wenn jeder seinen Beitrag verantwortungsvoll einbringt und die Beiträge der anderen nicht bewertet. Diskussionen und Wertungen bringen den künstlerischen Prozess sofort zum Erliegen. Was von einem Teilnehmer bei der Entwicklung seiner Figur vorgeschlagen wird, gilt erst einmal als gesetzt und wird sofort praktisch umgesetzt. Nur im Zusammenspiel und in der praktischen Improvisation stellt sich dann heraus, ob eine Idee funktioniert und weiterentwickelt wird. Die Vielfalt der unterschiedlichen persönlichen Sichtweisen und Perspektiven ist im künstlerischen Prozess eine große Bereicherung und Ideenquelle.
Innerhalb der zweiwöchigen Klausur planen wir außerdem ein Seminarwochenende mit einem Gastdozenten, der uns die Zielsetzung und Arbeit der Vereinten Nationen darstellen kann. Nach diesem Teil ist eine Woche Pause geplant. In dieser Zeit kann sich alles noch einmal setzen, alle lassen eine Woche lang los. Die Themen arbeiten erfahrungsgemäß in dieser Zeit innerlich bei jedem weiter und nach der Pause entstehen dadurch neue Ideen und Impulse.